Die Grundrechte gelten 

Für das Folgende wähle ich eine sehr einfache Prämisse:

Die Grundrechte gelten in Deutschland.

Keine absurde Annahme, eigentlich eine Selbstverständlichkeit; schließlich ist es die wichtigste Aufgabe eines Staates, die Grundrechte sicherzustellen. In dieser Prämisse stimmt mir auch die Bundesregierung zu:

Soviel zu den Voraussetzungen. Nun steht in Hamburg der G20-Gipfel an. Die Polizei Hamburg hat am 1. Juni eine Allgemeinverfügung erlassen, zu der es auch eine Zusammenfassung gibt. In der Zusammenfassung ist ein Transferkorridor beschrieben, in dem für einen Zeitraum von zwei Tagen die Versammlungsfreiheit aufgehoben wird. Das betroffene Gebiet umfasst zirka 38 Quadratkilometer mitten im dicht bewohnten Zentrum der Stadt. Desweiteren wird in der Zusammenfassung dargelegt, dass ohne einen solchen Korridor ein sicherer Ablauf des Gipfels durch die Polizei nicht sichergestellt werden könne.

Ich kann diese Einschätzung der Polizei nicht bewerten, daher will ich sie an dieser Stelle glauben, und nehme diese Einschätzung als gegeben an.

Wir haben also zwei Tatsachen:

  1. Die Grundrechte, insbesondere das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit, gelten in Deutschland und damit in der Freien und Hansestadt Hamburg.
  2. Eine sichere Durchführung des G20-Gipfels im Zentrum von Hamburg ist nicht möglich, ohne eine massive Verletzung des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit.

Dies lässt nur einen Schluss zu:

Eine Durchführung des G20-Gipfels im Zentrum von Hamburg ist nicht möglich.

Die einzig richtige Handlung wäre demnach, den G20-Gipfel in Hamburg nicht stattfinden zu lassen. Der von der Polizei getroffene Schluss ist jedoch:

Das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit gilt im Zentrum Hamburgs nicht.

Die Polizei versucht sich mit folgendem Satz zu rechtfertigen:

Die Verfügung der örtlichen Beschränkung von Versammlungen und Aufzügen unter freiem Himmel in Form der Allgemeinverfügung ist geeignet, erforderlich und angemessen. (siehe [3], Punkt e, bzw. [2])

Ob die Verfügung geeignet oder erforderlich ist, kann ich, wie bereits erwähnt, nicht beurteilen. Aber in einem Punkt widerspreche ich auf das Schärfste: Die verfügten Maßnahmen sind nicht angemessen!

Wenn die Sicherheit von 42 Personen nicht sichergestellt werden kann, während Sie sich in Hamburg zu einer Veranstaltun treffen, dann kann die Konsequenz nicht sein, hunderttausenden Bürgern und einer großen Anzahl Besuchern die Grundrechte zu entziehen. Die einzig logische und moralische Konsequenz ist, die Veranstaltung zu untersagen.

[1]: https://twitter.com/RegSprecher/status/874209744868790272 Tweet des Regierungssprechers
[2]: http://www.polizei.hamburg/g20-gipfel-in-hamburg/transferkorridor/ Inhaltliche Zusammenfassung der Allgemeinverfügung vom 1. Juni 2017 der Polizei Hamburg.
[3]: http://www.polizei.hamburg/contentblob/8926948/28d5fcff51997e02f0d3af0119bc7933/data/transferkorridor-do.pdf Allgemeinverfügung, Volltext